Text und Bilder von MotoPur-Mitglied Stefan Knittel
Auto Moto d`Epoca, Bologna 24.-27. Oktober 2024
Bologneser Allerlei
Unter dieser Bezeichnung gab es in der bekannt schmackhaften Küche der Emilia Romagna bestimmt kein Gericht, dafür aber in den 12 Messehallen der Bologna Fiere bei der Auto Moto d`Epoca eine umso größere Vielfalt. Vorweg, die Autos gingen gefühlt in die Tausende (Stückzahlen und Preise), aber uns interessieren ja die Motorräder und da gab es auch so Einiges zu entdecken. Seit dem Umzug von Padua her gibt es eine eigene Motorradhalle und das ist gut so, denn die Klassiker-Branche Italiens hat damit ein neues, hochwertiges Schaufenster bekommen. Museen, private Sammler, Herstellerfirmen, Clubs und Händler zeigen was sie zu bieten haben.
Ducati war leider in einer anderen Halle vertreten, Chef Claudio Domenicali ist zugleich Vorstand des „Motor Valley“ und präsentierte dort „30 Anni Ducati 916“ – toll gestaltet mit Serien- und Renn-Modellen, jedoch von kaum einem Motorradfreund entdeckt…
Immerhin zeigte Honda zusammen mit dem Rennteam LCR Flagge, Lucio Ceccinello selbst war allerdings nicht da, er musste ja in Thailand arbeiten (Moto GP). Aber eine großartige Reihe von Rennmodellen von den 1960er-Jahren bis heute wurden präsentiert, dazu die technischen Leckerlis vom Ovalkolben-Motor der NR 750.
Bilder von Honda und dem LCR Team und Bilder vom Ovalkolben-Motor NR 750 seht ihr hier.
Malanca Motorräder aus nahezu allen Modelljahren waren zu sehen, kein Wunder, Mario Malanca hatte die Sammler und Enthusiasten zusammengerufen. Er hat mir von gewissen Vorbereitungen zur Wiederbelebung der Marke von Vater und Großvater erzählt… Bei Stefano Caracchi gibt es eine Weinbar an der alten NCR-Adresse in Bologna zu entdecken. Er gab mir jedoch zu verstehen, dass die Bestände an Motorrädern und Ducati-Spezialteilen seines Vaters Rino Caracchi auch noch dort zu finden seien.
Bimota erlebt eine Wiedergeburt mit Kawasaki, aber auch die klassischen Modelle werden mit einem Club und der Firma Bimota Classic Parts am Leben erhalten. Ganz neu hingegen gibt es einen kompletten Nachbau der Yamaha YZR 500, Japan gab grünes Licht. Im Vorjahr wurde das erste Motorrad in Bologna präsentiert, erste Bestellungen sind in Arbeit. Wie überhaupt die tollen Zweitakt-Rennzeiten von so einigen der damaligen Akteure und Zeitzeugen arg vermisst werden.
Von Nachbau konnte bei drei Motorrädern wirklich keine Rede sein, denn unter den bekannten Verkleidungsfarben und in rot lackierten Rahmen verbargen sich einmal ein Yamaha XS 750-Dreizylinder (auf Kettenantrieb umgebaut) sowie zweimal Kawasaki GPZ-Vierzylinder (komplett mit Kickstarterwelle und Membran-Vergaser), der Kupplungsdeckel mit MV-Schriftzug war eher ein Scherz. Daran musste ich denken, als ich die MV Agusta 350 S von 1975 sah. Wurde diese doch damals vom Designer Giorgetto Giugiaro „Ipotesi“ genannt, es blieb aber nicht bei einer „Hypothese“, sie ging tatsächlich in Serie, da werden die gesehenen „Zweitverwertungen“ wohl eher wieder verschwinden…
Bilder von Malanca, NCR, Bimota und MV Agusta seht ihr hier.
🙂 <Einfache Zweitakt Technologie> Yamaha YZR 500 (Nachbau).
Zweitverwertungen als Geschäftsgrundlage wählten Camille Sigrand und Pierre Debladis als sie 1922 begannen aus den reichlich vorhandenen Ersatzteilbeständen der US Army in Vincennes neue Motorräder unter der Marke DS aufzubauen. Eine solche rote ex-Harley zeigte Benito Battilani an seinem Stand, wo übrigens auch Tazio Nuvolari sein Siegermotorrad von 1923 fand: Moto Borgo 500. Ein ganz anderes Siegermotorrad blieb bis zur Vorstellung durch seinen Besitzer eher unerkannt, denn es war kein Aermacchi-Harley Davidson Production Racer sondern nichts anderes als Walter Villas WM-Siegermaschine von 1976. Viele spezielle Details auf die der Fahrer bestand und zum Teil selbst abänderte, machten den Unterschied zu anderen RR 350 aus!
Siege gab es keine für die beiden Vierzylinder mit Kompressor-Aufladung aus dem Jahr 1940: Benelli 250 und Bianchi 500. Beide sahen jeweils nur einen einzigen Testeinsatz, die Benelli baute Giancarlo Morbidelli rund um den erhalten gebliebenen Motor neu auf, die Bianchi blieb komplett erhalten. Übrigens von der Gilera 250 Vierzylinder mit Kompressor existiert der Motor ebenfalls noch in den Beständen des Piaggio-Museums.
Bilder von Moto Borgo, Aermacchi, Benelli, Bianchi und Gilera seht ihr hier.
Eindrucksvoll präsentierte eine Gruppe von Sammlern 100 Jahre Motorradgeschichte Bolognas mit Marken vor 1940. In der Diana von 1923 saß ein Motor aus Zschopau, DKW-Einbaumotoren wurden von Bruno Cavani, dem Importeur in Bologna, an diesen und andere neue Hersteller geliefert. Im Freigelände entdeckte ich eine Zündapp Z 22, deren Motor wurde nicht zugeliefert, sondern sie entstand 1922 als Kopie der englischen Levis 211. Und der BMW-Boxer in der Victoria K.R. 1 war 1920 im Grunde auch eine Kopie des Douglas-Motors mit Umlauf- statt Verlustschmierung. Ein Rätsel konnte ich jedoch bis heute nicht lösen. Was macht ein NSU V-Zweizylinder statt des Bradshaw Boxers in einer ABC? Das ist sicher kein Prototyp von Gnome & Rhone, vermutlich eine ambitionierte Bastlerarbeit…
Bilder zur Motorradgeschichte von Bologna vor 1940
Weder Kopie, Nachbau noch Weltmeister-Motorrad ist die Gilera 175 „Regolarità Competizione“, die ich 1974 in Bardolino am Gardasee erstmals sah und hörte (!). So klein und so kräftige Töne, das beeindruckt mich vor 50 Jahren schon sehr, gekauft habe ich sie bis heute nicht. Ich sollte mir am 23. bis 26. Oktober 2025 vielleicht doch mehr Geld und einen Transporter mit zur Auto Moto d`Epoca mitnehmen. Stefan Knittel (Herzlichen Dank für deinen interessanten und informativen Bericht. / Pepo)